Wie passt Luther ins „schwarze“ Oldenburger Münsterland?

Der evangelische Reformator Martin Luther und das „tiefschwarze“ Oldenburger Münsterland? Auf den ersten Blick scheint das überhaupt nicht zusammenzupassen. Dass es aber doch wichtige Bezüge gibt, machte jetzt der Heimatbund Oldenburger Münsterland bei der Vorstellung des Buches „Luthers Lehre im Oldenburger Münsterland“ deutlich. Denn die auch heute noch als sehr katholisch wahrgenommenen Landkreise Cloppenburg und Vechta waren nach der Reformation immerhin 70 Jahre evangelisch, wie der Herausgeber des Buches Dr. Michael Hirschfeld herausstellte.

Wenn die lutherische Lehre auch mit Verspätung 25 Jahre nach dem Start der Reformation 1517 in der Region ankam, so hat sie diese doch geprägt und zu der gemacht, die sie heute ist, betont Heimatbund-Präsident Stefan Schute im Vorwort des Buches. Denn die Abgrenzung der katholischen Enklave gegen die umgrenzenden evangelischen Regionen habe die besondere Mentalität der Menschen gefördert, auf sich selbst gestellt zu sein und etwas aus eigener Kraft aufbauen zu müssen. Und dass das evangelische Leben seit 500 Jahren dennoch durchgehend, wenn auch lange Zeit nur punktuell, in der Region präsent sei, wissen nur wenige, ergänzte Hirschfeld.

Als Katholik habe es Hirschfeld besonders gereizt, betonte er, gemeinsam mit evangelischen Kollegen das protestantische Leben im Oldenburger Münsterland zu untersuchen. Nach einem einleitenden Beitrag von Pfarrer Dr. Tim Unger (Wiefelstede, früher Dinklage) werden vier Aspekte evangelischen Lebens untersucht, die kaum mehr bekannt sind: Als erstes Phänomen die Existenz evangelischer Adelsfamilien in einer rekatholisierten Region auch nach 1613, z.B. von Frydag auf Gut Daren, der sich Dr. Gerd Dethlefs vom Landesmuseum in Münster widmet. Diese Familien lebten zwar nicht immer spannungsfrei, aber doch in friedlicher Koexistenz in einer katholischen Umgebung. Im zweiten Schwerpunktbeitrag schildert Unger die protestantische Glaubenspraxis in der Dinklager Bauerschaft Wulfenau von 1648 bis 1852.

Die Umstände, unter denen die Menschen die Reformationsjubiläen 1817 und 1917 in Vechta feierten, nahm Dr. Ralph Hennings, Pfarrer an der Lambertikirche in Oldenburg, unter die Lupe. Und im letzten Artikel thematisiert Hirschfeld die Konflikte zwischen Protestanten und Katholiken, die sich als Folge der Vertreibung nach Ende des Zweiten Weltkriegs und der Ansiedlung von evangelischen Flüchtlingen in der Region, konkret in Lindern, entwickelten.

Zahlreiche, oft unbekannte Abbildungen von „Überbleibseln“ aus der protestantischen Zeit illustrieren den Band. Darunter auch ein Gedenkstein in der katholischen Pfarrkirche St. Johannes in Bakum mit lutherischer Symbolik (Titelbild) oder eine lutherische Kanzel aus St. Andreas in Cloppenburg, die später nach St. Vitus in Vestrup gelangte.

Das Buch ist bereits vergriffen, aber noch in unserer Heimatbibliothek einsehbar.