Fachleute informieren über Vergangenheit und Zukunft

Seit über einem Jahr ist die Münsterlandhalle in Cloppenburg wegen Baumängeln für die Öffentlichkeit gesperrt. Der Abriss des über 90 Jahre alten Gebäudes ist nach emotionalen Diskussionen mittlerweile vom Tisch, der Status als geschütztes Baudenkmal nur noch eine Formsache. Warum die Halle so bedeutend für die Region ist und wie die Zukunft aussehen könnte, darüber informierten jetzt vier Fachleute und "Entscheider" auf dem sehr gut besuchten 334. Historischen Nachmittag.

Im Dorfkurg im Museumsdorf Cloppenburg hatten sich 55 interessierte Zuhörerinnen und Zuhörer eingefunden, um den Kurzvorträgen zu lauschen. Versiert eingeleitet und moderiert von Peter Stelter, dem Co-Vorsitzenden des Geschichtsausschusses und Leiter des Albertus-Magnus-Gymnasiums in Friesoythe, führte Prof. Dr. Uwe Meiners (Präsident der Oldenburgischen Landschaft) in die bewegte Vergangenheit der Münsterlandhalle, die nicht unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten beurteilt werden dürfe, sondern als Kristallisationspunkt von regionaler Identität, vergleichbar mit anderen "Kultur-Orten" wie dem Schloss Neuschwanstein im bayerischen Allgäu oder auch der St. Andreas Kirche in Cloppenburg. Die Halle habe einen Platz in den Herzen der Menschen in der Region, die hier nicht nur Viehauktionen sondern auch Konzerte und Feste erlebt hätten. Die Erhaltung und kluge Weiterentwicklung der Halle sei nicht nur nachhaltig sondern auch eine Chance für die Stadt, betonte Meiners, und bot Hilfe an bei der Gewinnung von Fördergeldern auf Landes- oder Bundesebene.

Über die historische Bedeutung der Münsterlandhalle referierte Prof. Dr. Michael Hirschfeld (Vorsitzender unseres Geschichtsausschusses), der den Bogen schlug von persönlichen Erfahrungen als noch "unwissender" Schüler hin zum Studenten und Doktoranden bis zum heutigen Wissenschaftler, der das Gebäude als zentral wichtigen Ort des Kreuzkampfes begreife. Denn dieser sei als eine der wenigen erfolgreichen Widerstände gegen die Unterdrückung der Nationalsozialisten in die Geschichtsbücher eingegangen und die Halle somit ein wichtiges Mahnmal und Erinnerungsort. Dies könne in der zukünftigen Gestaltung der Münsterlandhalle auch mit aufgenommen werden durch modern aufbereitete Schautafeln oder eine Dauerausstellung, bei deren Erstellung er gern behilflich sei.

Als Fachmann hinsichtlich historischer Bausubstanz machte Dr. Michael Schimek klar, dass der Denkmalschutz ein unverzichtbares Instrument sei, um so wichtige Gebäude wie die Münsterlandhalle zu schützen und zu bewahren. Denn erstmals in der Geschichte habe man durch den verhältnismäßig großen Wohlstand die volle Gestaltungsmöglichkeit, die man als Verpflichtung gegenüber kommenden Generationen begreifen und wahrnehmen müsse. Das Ziel müsse die Gestaltung eines "gelingenden Lebens" sein. Außerdem müsse Bauen (und Neubauen) auch unter dem Gesichtspunkt Klimaschutz vorgenommen werden, da hier viel CO2 produziert werde. Die Münsterlandhalle bezeichnete Schimek als "gebautes Sachzeugnis südoldenburger Wirtschaftsgeschichte", die durch Anklänge von Stilelementen des "Bauhaus" auch ästhetisch wertvoll sei. Das freistehende Ständerwerk in der Halle sei einzigartig und sehr beeindruckend, darüber waren sich alle einig.

Den aktuellen Stand der Planungen stellte Cloppenburgs Bürgermeister Neidhard Varnhorn vor, der klar machte, dass die Sanierung der Haupthalle mittlerweile außer Frage stehe. Nur die zukünftige Nutzung und damit die neue Ausrichtung des bisher als "Kältehalle" (also unbeheizt) konzipierten Gebäudes müsse unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten geplant werden. Darum stehe für Varnhorn außer Frage, dass die Zukunft der Münsterlandhalle eine beheizte sei, also als Wärmehalle. Denn die großen Viehauktionen der Vergangenheit würden in der Dimension nicht mehr stattfinden (die Verantwortlichen kämen nach seinem Wissen mit den nach wie vie so genutzten Nebenhallen aus), so dass der Fokus auf Veranstaltungen liege - natürlich in enger Abstimmung mit der im Stadtzentrum befindlichen Stadthalle. Denn beide werden von der Stadthallenbetriebs GmbH verwaltet. Diese Verschiebung der Nutzung, so Varnhorn, habe in den vergangenen Jahrzehnten wahrscheinlich auch zu den Schäden am Holzständerwerk geführt, da die Kältehalle für die Events aufwendig beheizt werden musste und die dabei und durch die anwesenden Menschen entstehende Feuchtigkeit nicht angemessen habe abgeführt werden können.

Die Besucher des Historischen Nachmittags machten sich noch Gedanken über die Lage der historischen Architektur insgesamt in Cloppenburg. Mit Bestürzung wurde festgestellt, dass annähernd 70 bis 80 Prozent der historischen Bausubstanz in den letzten Jahrzehnten der Abrissbirne zum Opfer gefallen sei und, so Teilnehmer Klaus Steinkamp, nur 11 Wohnhäuser in Cloppenburg unter Denkmalschutz stünden. Vor diesem Hintergrund sei die Bewahrung der Münsterlandhalle umso wichtiger, um ein stadtbildprägendes Gebäude zu erhalten und auch ein Vorbild seitens der "Öffentlichen Hand" im Umgang mit historischen Gebäuden für Privatleute zu geben.