"MUW" bewegt den Heimatbund

Einen spannenden Einblick in die Geschichte und die neue Nutzung der ehemaligen Amtsrichtervilla in Friesoythe erhielten jetzt über 50 Teilnehmer unseres Historischen Nachmittags. Peter Stelter, Direktor des Albertus-Magnus-Gymnasiums (AMG) Friesoythe, das neuer Nutzer der Villa ist, stellte das vor wenige Wochen eingeweihte neue Bildungshaus vor. Unter dem Namen „MUW“ steht es Schülerinnen und Schülern sowie Lerngruppen des Gymnasiums zur Verfügung und wird auch von der Kreismusikschule für Unterricht genutzt. „MUW“ ist dabei Programm, denn es steht für „Mal Unterricht (wo)anders“.

Die bewegte Geschichte des historischen Gebäudes stellte Stelter mit Hilfe seiner zur Einweihung erstellen Infobroschüre vor: vom Bau des Hauses als Sitz des großherzoglich-oldenburgischen Amtsrichters 1889 durch den Architekten Ludwig Wege, die zeitweise Nutzung als Notunterkunft nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs 1945 über den Einzug der Polizei 1975 und Umfunktionierung zur Dienststelle bis hin zur aktuellen denkmalgerechten Restaurierung und Entstehung des „MUW“. Die interessanten Pläne, Zeichnungen und Fotos der Villa aus den verschiedenen Jahrzehnten brachten auch Skurriles hervor: In den 1970er Jahren war das Bauwerk zeitweise hellblau gestrichen, was für Lacher im Publikum sorgte.

Interessiert und wissbegierig waren die Teilnehmer des Historischen Nachmittags, die selbst viel zu berichten wussten, waren doch einige ältere Friesoyther unter ihnen, die zum Teil als Kinder im Garten der Villa gespielt hatten. Und hier liegt das nächste Projekt an, das drei Oberstufenschüler des AMG vorstellten: Auch der Garten rund um die ehemalige Amtsrichtervilla könnte in Teilen wiederhergestellt und eine Station eines Historischen Lehrpfads werden. Das Konzept erhielt bereits 2019 den Schülerpreis des Heimatbundes OM.

In der Info-Broschüre heißt es, dass so ein Ort mit „hoher Aufenthaltsqualität“ für die Schülerinnen und Schüler und auch Bürgerinnen und Bürger entstünde. Durch Infostelen wird die besondere Geschichte des Ortes in Erinnerung gerufen: Der Hansaplatz vor dem AMG war früher der Horst-Wessel-Platz mit der von den Nationalsozialisten für Propagandazwecken erbauten Stadthalle. Und unweit der Villa steht noch heute das ehemalige Haus der jüdischen Familie Willner, aus deren Mitte drei Menschen durch die Judenverfolgung der Nazis verhaftet und in Sobibor vergast wurden – ein Schicksal, das nicht vergessen werden dürfe.

Das „MUW“ selbst sei eine gelungene Kombination aus alter Architektur und bewusst moderner Erweiterung, stellten die Besucher fest. Und die Nähe zum englischen „(to) move“ sei durchaus gewollt, so Stelter, denn: „Bildung hat immer was mit Bewegung zu tun“.