Branntwein, Sport und Feuerwehr 

Ein buntes Programm bekamen die Teilnehmer unseres Studientages präsentiert, der jetzt in der Katholischen Akademie Stapelfeld stattfand: Vereinsgeschichte aus den Bereichen Sport, Feuerwehr, Antialkoholismus und katholische Arbeitnehmervertretung. Eingeladen hatten die Geschichtsausschuss-Vorsitzenden Prof. Dr. Michael Hirschfeld und Peter Stelter.

Fünf Experten stellten ihre jeweiligen Forschungsergebnisse vor:

Über die Ursprünge der Sportvereine sprach Sabrina Tabeling (Bakum), Leiterin der Heimatbibliothek OM (Bestandteil des Heimatbundes). Turnen war Sinn und Zweck der ersten Vereinsgründungen: 1888 in Vechta, 1892 in Cloppenburg, 1894 in Lohne, 1903 in Löningen und 1904 in Dinklage. Hintergrund war hier zwar, so Tabeling, die bereits Anfang des 19. Jahrhunderts als Reaktion auf die napoleonische Besatzung entstandene Bewegung des Turnvater Jahn als quasi „Mobilmachung“. Aber im Zusammenhang mit der beginnenden Industrialisierung könne auch der Ausgleich zur Fabrikarbeit eine Motivation gewesen sein, so die These eines Studientag-Teilnehmers. Fußballvereine entstanden, teils unter Gegenwehr der Kirche angesichts der „Körperlichkeit“ des Sports, erst Anfang des 20. Jahrhunderts.

Eine spannende Parallele sprach Tabeling an, die zu einem weiteren Themenbereich führte, der Feuerwehr. Denn aufgrund der körperlich anstrengenden Tätigkeit, so erklärte Fachmann Wolfgang Imsiecke (Cloppenburg), waren in den ab Mitte des 19. Jahrhunderts entstehenden regionalen Wehren viele Turner dabei: Teilweise mussten diese bei der Brandbekämpfung mit Hilfe langer Leitern die Häuser erklettern, was körperliche Fitness voraussetzte. Dennoch waren im Notfall alle Bürger verpflichtet, zu helfen.

Den langsamen Aufbau der effektiveren, weil freiwilligen Feuerwehren aufgrund des 1876 von der oldenburgischen Landesregierung erlassenen Gesetzes beschrieb Imsiecke eindrücklich, die langsam bessere Ausstattung und zunehmende Ausbildung. Damit machte er die bis heute existentielle Bedeutung dieser regionalen Wehren deutlich. Auch gesellschaftlich war die erste, 1879 in Cloppenburg gegründete Freiwillige Feuerwehr schnell anerkannt, nicht zuletzt durch den 1890 ins Leben gerufenen Spielmannszug.

Eine Art „Vorform“ des Kreuzbunds stellte Dr. Jürgen Kessel (Damme) vor: den Mäßigkeitsverein, der von 1842 bis 1848 in Damme existierte, und dessen Mitglieder sich gegen den Konsum von Branntwein einsetzten. Absolut grundlegend war für die Mitglieder die eigene Abstinenz, wobei Bier und Wein nicht als Alkohol zählten. Bei Verstößen gegen dieses Alkoholverbot wurden die Schuldigen angeklagt und vor dem gesamten Verein bloßgestellt – und dieser hatte in seinen Hochzeiten weit über 1000 Mitglieder.

Führend waren im Mäßigkeitsverein die regionalen Kirchenvertreter, und auch die Initiative zur Gründung dieser „Außenstelle“ des Vereins ging von einem Geistlichen aus: dem Kaplan Johann Matthias Seling aus Osnabrück. Dieser hielt Vorträge und zeigte dabei auch abschreckende Farbbilder von durch Alkohol geschädigten Innereien. Aber auch dies konnte eine Auflösung des Vereins mangels Teilnahme nicht verhindern.

Bernd Buttjer (Marienhafe) und Prof. Dr. Michael Hirschfeld stellten zwei ähnlich gelagerte Vereine vor: den Katholischen Arbeitnehmerverein (Buttjer) und den Volksverein für das katholische Deutschland (Hirschfeld). Ersterer hatte zwar, so führte Buttjer aus, in seiner Satzung ausdrücklich eine unpolitische Ausrichtung verankert, aber dennoch war der Einsatz gegen die Sozialdemokratie, der nicht allein die Interessenvertretung der Arbeiter überlassen werden sollte, ein wichtiges Ziel. Darüber hinaus sei die gesellschaftliche Bedeutung am wichtigsten gewesen, wie Buttjer auch durch den Vergleich mit den Kolping-Vereinen herausstellte, etwa durch die Bildung von Männergesangsvereinen. Lokales Zentrum des Vereins war dabei Lohne mit den meisten Mitgliedern.

Der von Hirschfeld vorgestellte Volksverein war 1890 eine Gründung der Zentrale in Mönchengladbach. Dabei habe es sich um einen privaten und nicht der Kirche angeschlossenen Verein gehandelt, der aber die Ziele der Kirche und insbesondere der Zentrums-Partei unterstützte. Vor allem im Vorfeld anstehender Wahlen waren Vertreter des Vereins engagiert und setzten sich im Zuge der Revolution von 1918 erfolgreich gegen die Bildung regionaler Arbeiter- und Soldatenräte ein. Nach 1945 wurde der Verein nicht wiederbelebt, stellte Hirschfeld abschließend fest.